Landesschützenkönig: „Ich dachte ,Mist, das Ding ist weg‘“
Ennepetal. Gunter Ritter vom SV Wilhelmshöhe aus Ennepetal holte beim Schützentag in Münster
den Vogel von der Stange. Jetzt ist er gleich dreifacher Würdenträger.
Von Hartmut Breyer
Gunter Ritters Leidenschaft ist eigentlich eher das sportliche Schießen, hier trainiert er mit dem
Luftgewehr aufgelegt auf der Anlage des SV Wilhelmshöhe an der Wilhelmshöher Straße. Doch
jetzt schoss er freihändig den Vogel beim Landeskönigsschießen ab.
„Ich sah das Stück Holz am Faden pendeln, habe etwas gewartet und abgedrückt“, schildert Gunter
Ritter die Sekunden, in denen es passierte. „Dann dachte ich: ,Mist, das Ding ist weg.‘“ Jubel
brandete hinter ihm auf. Der Ennepetaler hatte mit dem 572. Schuss den allerletzten kleinen Rest
des Vogels beim Landeskönigsschießen des Westfälischen Schützenbundes abgeschossen. „Was mir
durch den Kopf ging, ist schwer in Worte zu fassen. In dem Moment realisiert man eigentlich
erstmal gar nichts“, meint er. Doch jetzt ist der 57-Jährige Landeskönig – etwas, was in den 50
Jahren, seit es den Wettbewerb gibt, noch nie einem Teilnehmer aus dem Kreis Ennepe-Ruhr
gelungen war.
Das Landeskönigsschießen findet traditionell im Rahmen des Schützentages des Westfälischen
Schützenbundes (WSB) statt. Hunderte Vertreter der Vereine aus dem WSB waren am 3. und 4.
Oktober in Münster-Hiltrup dabei. An dem Königsschießen dürfen die Könige aller Vereine sowie
die Kreiskönige teilnehmen. Gunter Ritter hat in diesem Jahr einen Lauf, ist er doch nicht nur
amtierender Regent der Wilhelmshöher Schützen, des kleinsten der vier Ennepetaler
Schützenvereine, sondern auch Kreiskönig. 118 Teilnehmer zielten auf den hölzernen Vogel. Das
letzte Stück Holz, das unter der Befestigungsschraube liegt, wird ganz zum Schluss an einen Faden
gehängt. Und dieses baumelnde kleine Teil traf Gunter Ritter freihändig mit dem Schrotgewehr,
Kaliber 12/70. „Ich war zur rechten Zeit am rechten Ort“, meint der neue Landeskönig und schiebt
trocken hinterher: „Man muss auch nüchtern bleiben. Das ist nicht jedem Teilnehmer gelungen.“
Gebürtiger Pfälzer
Der neue Regent der Schützen im WSB ist übrigens erstens gar kein Westfale und zweitens lange
kein Anhänger des Brauchtums. Gunter Ritter ist Pfälzer, stammt aus Hochspeyer in der Nähe von
Kaiserslautern. 1994 verschlug es ihn beruflich nach NRW, seit November 2000 ist er in Ennepetal
zu Hause, er wohnt in Voerde. Er habe zwar als Zwölfjähriger das Schießen mit dem Luftgewehr
vom Vater im heimischen Garten gelernt, doch im Verein sei er nie gewesen, erzählt Ritter. Erst
2018 trat er in den Schießclub Ennepetal ein, weil ihn das sportliche Schießen interessierte. „Das
Brauchtum hat mir nicht zugesagt, die strenge Tradition“, meint er. Doch als der Schießclub
Ennepetal sich auflöste, da warb der Vorsitzende des SV Wilhelmshöhe, Norbert Lange, um dessen
Mitglieder. Gunter Ritter, dessen Tochter ebenfalls gerne und gut schießt und dessen Frau den Sport
toleriert, nahm das Angebot an.
Beim Schützentag in Münster-Hiltrup (von links): Susanne Zappe (Vorsitzende des Bezirks Mark),
Erwin Wesner (Vorsitzender Kreis Ennepe-Ruhr), Kirsten und Gunter Ritter, Claudia Wesner
(Geschäftsführerin Kreis Ennepe-Ruhr) und Norbert Lange.
„Hier ist es nicht so durchorganisiert wie im Sauerland“, erklärt er, warum er nun doch in einem
Verein aktiv ist, der auch das Brauchtum pflegt. „Wir versuchen hier, die Tradition und das
Sportliche im Einklang zu pflegen“, meint Norbert Lange. Und so hat Gunter Ritter zwar einerseits
auch eine schmucke Uniform (und macht beim Königsschießen mit), schießt aber andererseits bei
Meisterschaften. „Beim Auflageschießen ist er einer unserer Leistungsträger“, meint Norbert Lange.
Als Sportleiter gehört Ritter zudem dem Vorstand des Vereins an
46 Mitglieder hat der Schützenverein Wilhelmshöhe. „Als ich vor zehn Jahren anfing, waren es 24,
wurden dann 22“, blickt Norbert Lange zurück. „Ich habe dann etwas umstrukturiert.“ Das trug
offenbar Früchte. Nichtsdestotrotz ist der Altersschnitt recht hoch. „Aber die Spanne reicht von drei
bis 91 Jahre“, sagt der Vorsitzende. Aktiv sind ältestes und jüngstes Mitglied allerdings nicht mehr
beziehungsweise noch nicht. „Wir haben sieben aktive Kinder im Verein“, so Lange. Sie alle seien
durch ihre Eltern in den Verein gebracht worden. Doch hoffe man darauf, dass die Jungschützen
künftig auch Freunde mitbringen. Immerhin konnte der Verein eine Lichtpunktanlage anschaffen,
bei der ohne Munition, sondern mit Lasertechnik geschossen wird.
Als Kreiskönig angetreten
Beim Landeskönigsschießen war Gunter Ritter als Kreiskönig angetreten, weil dies der höhere Titel
ist. Norbert Lange erreichte aber, dass bei der offiziellen Zeremonie für die neuen Regenten – es
fand auch das Landesjugend- und Kinderkönigsschießen statt – auch der Schützenverein
Wilhelmshöhe genannt wurde. So war der Verein aus Ennepetal bei den vielen hundert Teilnehmern
des Schützentages in aller Munde.
Was mit der höchsten Würde im westfälischen Schützenwesen auf ihn zukommt, weiß Gunter Ritter
noch gar nicht. Sicher wird er den WSB beim Deutschen Schützentag 2026 in Frankfurt
repräsentieren. „Ich denke, das wird erwartet“, meint er. In der Mainmetropole wird auch der
Deutsche Schützenkönig ermittelt. Auch wenn die vielen Ketten inzwischen kaum noch zu tragen
sind, könnte Gunter Ritter seinen bisherigen Erfolgen dort noch die Krone aufsetzen.
Gunter Ritter mit den Königsketten des Schützenvereins Wilhelmshöhe, des Schützenkreises
Ennepe-Ruhr und des Westfälischen Schützenbundes.